Ein Dank an die Sozialpartner

Für unsere Interessensvertreter, die sich aufopfernd um unsere Sorgen kümmern, die wir ohne ihren Aktionismus nicht hätten

Drei von fünf Studenten wollen in ihrem Berufsleben unabhängig vom Arbeitsort und von Arbeitszeit arbeiten. Nach der kürzlich veröffentlichten Market-Studie würden 90 % der ÖsterreicherInnen phasenweise bis zu zwölf Stunden arbeiten, wenn sie einen zusätzlichen freien Tag und mehr Freizeit gewinnen könnten. 87 % der ArbeitnehmerInnen sind überzeugt, dass flexiblere Arbeitszeiten ihren Job sichern.

In Österreich entscheidet der Gesetzgeber über die Gestaltung unseres Arbeitslebens. 10 Stunden am Tag sind das Maximum. Damit sind wir mit Portugal europäisches Schlusslicht, was Flexibilität betrifft. In Belgien und der Schweiz sind es 11 Stunden, in den Niederlanden 12, in Italien, Irland, Großbritanien und Dänemark 13. In Finnland, Kroatien, Spanien und Schweden sind die Menschen wohl reifer, denn dort gibt es keine tägliche Höchstarbeitszeit. Unser Nachbarland Deutschland lässt kollektivvertragliche Vereinbarungen zu, die Anzahl der bezahlten Überstunden ist dort von 1.106 Mio im Jahr 2000 auf 764 Mio im Jahr 2015 gesunken. Entspricht das noch einem aufgeklärten Menschenbild des 21. Jahrhunderts, dass man uns die „Freiheit“ auf Arbeit nimmt?

Nun zu den Sorgen. Die Wirtschaft boomt, aber nicht bei uns. Wen wunderts? Sogenannte Interessensvertreter, die über viel zu große finanzielle Mittel verfügen, die aus Zwangsmitgliedsbeiträgen stammen – also wir können uns nicht mal aussuchen, ob wir unsere Interessen durch Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Co vertreten lassen wollen – machen politische Arbeit. Mit dem Geld und der politischen Arbeit werden Vorschläge gemacht und noch viel mehr Veränderungen blockiert, die Wirtschaft und Wohlstand fördern könnten. Die Folge daraus sind Stagnation, schlechte Stimmung, Realeinkommensverluste und Abwanderung. Das gibt den Interessensvertretern den Raum, sich artikulieren zu können, Schuldige zu identifizieren und für die Interessen ihrer Mitglieder einzutreten. Wenn sie zielgerichtet und konstruktiv zusammenarbeiten würden, wäre das alles nicht nötig. Ein paradoxes System, das sich selbst erhält und den Fortschritt blockiert. Die Sozialpartnerschaft ist ein großes Projekt des Nachkriegsösterreichs. Ohne diese Zusammenarbeit wäre ein Aufbau des zerstörten Österreichs niemals in der Form und Geschwindigkeit möglich gewesen. Dieses Projekt ist aber seit Jahren abgeschlossen, die Sozialpartnerschaft muss neu definiert werden.

Und falls das manche vergessen haben: Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich längst nicht mehr an den engen Rahmen halten, sind die einzigen, die in diesem Land für Wertschöpfung sorgen und damit Wohlstand generieren. Staat und Interessensvertreter geben uns ein Rechtssystem, sorgen für Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich, schaffen Infrastruktur auf dessen Boden sich Wirtschaft entwickeln kann. Die vermeintliche staatliche Förderung oder Zuwendung stammt immer aus den finanziellen Mitteln anderer, die vorher brav eingezahlt haben, zugegeben um einen beträchtlichen Teil reduziert durch die Kosten, die wir für die Erhaltung dieses Systems brauchen.

Zuguterletzt: auf betrieblicher Ebene funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sehr gut und damit viel besser als zwischen den Interessensvertretern. Weil dort Menschen mit Augenmaß und Verantwortung am Werk sind. Ihnen gilt der Dank!

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